23.05.2018: Platzende Kessel und aggressive Viecher

1. „Die Quacksalber von Quedlinburg“ – Anwärter zum Kennerspiel des Jahres 2018

„Can’t Stop“ aus den Kochtopf. Jeder Spieler zieht Zutaten aus seinem schwarzen Stoffsäckchen, und hört irgendwann mal freiwillig damit auf, oder er muss unfreiwillig damit aufhören, weil er zu viele Knallerbsen herausgezogen hat und sein Topf dadurch geplatzt ist.

War noch alles heil, so bekommt ein Spieler Geld und Siegpunkte, ist der Kessel geplatzt gibt es Geld oder Siegpunkte. Es ist natürlich einleuchtend, dass diese Erträge umso höher sind, je mehr Zutaten wir aus dem Sack gezogen haben. Weiterhin gibt es Gratifikationen für die Anzahl der Zutaten, ihre Art (Farben) und die Reihenfolge, in der wir sie gezogen haben.

  • Grün ist gut, wenn es bei den letzten Zutaten ist.
  • Rot ist gut, wenn vorher Orange gezogen wurde.
  • Gelb ist gut, wenn davor eine Knallerbse gezogen wurde, die darf man dann nämlich entfernen.
  • Blau ist gut, denn dann darf man probehalber ein paar Zutaten aus dem Sack holen und sich die beste davon heraussuchen.

Wie kommen die Zutaten in den Kessel? Eine ausreichende Anzahl Knallerbsen zum Platzen gehören zur Grundausstattung, die weiteren Zutaten muss man sich kaufen. Vom Erlös der Suppe.

Das Spiel ist äußerst taktisch, denn in der ersten Phase muss man auf Teufel komm raus Zutaten ziehen bis dass der Kessel platzt; auf das spärliche Rinnsal von Siegpunkten kann man hier leicht verzichten. In der Schlussphase muss man wiederum auf Teufel komm raus Zutaten ziehen bis dass der Kessel platzt, denn dann braucht man nicht mehr unbedingt neue Zutaten zu kaufen. Nur in der letzten Runde braucht man beides, denn auch der hier erzielte Geldgewinn wird in eine erkleckliche Anzahl von Siegpunkten umgewandelt. Und in der Mittelphase sind die Obertaktiker gefragt, denn da gilt es Siegpunkte und Gelderlös zu optimieren. Oder ist das schon Strategie?

Das Spiel ist selbstverständlich auch äußerst strategisch, denn die insgesamt 6 verschiedenen Nutzfarben erlauben als 2er Kombination allein 30 verschiedene Farbstrategien. Die Gewinnchancen sind absolut unterschiedlich, ob man eine rot-orange oder ob man eine blau-grüne Strategie fährt. Günther hat es aber a priori abgelehnt, hierzu a la „Dominion“ eine optimale Strategie zu berechnen.

Die herausragendsten intellektuellen und sensorischen Fähigkeiten werden allerdings beim Herausholen der Zutaten aus dem Sack benötigt. Hier müssen die Knallerbsen erst am Ende, die orangenen Zutaten aber vor den roten, die gelben genau eine Position nach den Knallerbsen und die grünen an letzter oder vorletzter Position gezogen werden. Offensichtlich hat das der Spielergemeinde so sehr imponiert, dass selbst die Jury von SdJ an einer Nominierung nicht vorbei kam.

Bei uns lag nach der ersten Wertung Aaron vor Moritz, Günther und Walter. Das änderte sich auch 8 Runden lang bis zum Schluss nicht. Nur zwischen dem immer weiter abgeschlagenen Günther und Walter gab es zuweilen eine Rochade. Ist das vielleicht für die Spielbalance symptomatisch?

WPG-Wertung: Aaron 4 (oder 5; „weiß gar nicht, mit wem ich das noch einmal spiele wollte“), Günther 5 (eigentlich 1 Punkt weniger, weil das Spiel auf der Nominierungsliste steht; vielleicht haben wir das Spiel auch nicht verstanden), Moritz: 5 („wenn es wenigstens ein Deckbuilding-Spiel wäre, so ist es noch weniger als ein reines Würfelspiel), Walter 5 (linear, Brimborium mit Kinkerlitzchen, Interaktion in der Größenordnung von Null)

 2. „Moa“ – Edgar oder Martin Wallace hat mal wieder zugeschlagen

Area Control bei den Maori. Die Einheimischen werden durch Vögel, die erobernden Albioner, Bataver und Churasker durch Säugetiere dargestellt. Mit den für 2 Perioden jeweils fest ausgeteilten Karten mit erheblich zufallsabhängigen Effekten bringen wir unsere Vögel aufs Spielfeld, suchen dort in einzelnen Gebieten Majoritäten zu erzielen, besiegen (oder auch nicht) einfallende Säugetiere oder verkaufen ihnen – unseren Mitvögeln unterm Arsch weg – den heiligen Boden unserer Väter.

Pazifist Walter bekam in der ersten Periode unendlich viele Vögelkarten – verglichen mit der Anzahl bei seinen Mitspielern – zum Herumvögeln, konnte auf vier bis fünf Gebieten die Platzhirschmajorität erringen und zog in der Punktwertung mit großem Abstand an die Spitze. Im zweiten Durchgang bekam er unendlich viele Verteidigungskarten und konnte alle seine Gebiete gegen angreifende Säugetiere verteidigen. Der Sieg war ihm nicht mehr zu nehmen. Start-Ziel-Sieg bei dieser Kartenzuteilung ist in Mao gewiss symptomatisch.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (fühlte sich von den Karten gespielt), Günther: 5 (warum auch immer), Moritz: 7 (das Spiel hat interessante Facetten [WS: Das war es dann wohl aber auch.]), Walter 6 (dynamisch-chaotisches Vögeln-Chaos geht vor kontemplativ-autistischer Quacksalberei)