24.01.2007: Mäuse, Sanduhren und Zikkurate

Neuerung in unserere WPG-Rangliste. Bis jetzt haben wir unsere Wertungspunkte zentral gesammelt und einmal im Monat auf unserer Seite aktualisiert. Jetzt hat Aaron eine Online-Schnittstelle realisiert, so daß jeder Mitspieler seine Noten selber eingeben kann. Die Eingabe ist auch sofort für die Öffentlichkeit zugänglich. Doch werden wie bisher nur solche Spiele angezeigt, für die mindestens drei Wertungen abgegeben wurden.
1. “Space Dealer”
Ähnlich wie in “Outpost” müssen die Spieler Produktionsstätten im Weltall aufbauen, produzieren, Handel treiben und Siegpunkte erwerben. Das Bemerkenswerteste am Spiel sind die Sanduhren, mit denen die Spieler in ihre Aktionen zeitlich koordinieren: Jeder Spieler bekommt je zwei Stück davon und läßt ständig parallel in beiden Uhren den Sand durchrieseln. Ist der Sand einer Uhr durch (das dauert ca. 30 Sekunden), darf der Spieler seinen nächsten Zug machen. Danach muß er die Sanduhr sofort wieder umdrehen, um seinen nächsten Zug auf die Schiene zu setzen.
Sanduhren für ein Spiel müssen eine billige Angelegenheit sein. Keiner kann dabei garantieren, daß die Uhren gleichmäßig laufen. Das tun sie auch garantiert nicht. Aaron maß Zeitunterschiede von mehr als 20 Sekunden zwischen der schnellsten und der langsamsten Uhr. Wer die schnellsten Uhren hat, darf die meinste Züge tun und hat die größten Chancen auf den Sieg. Wie kann man diese Ungerechtigkeit auffangen?
Ganz einfacher Trick: Vor dem Spiel starteten wir einen Probelauf: Wir drehten alle Uhren gleichzeitig um und beobachteten, in welcher Reihenfolge sie mit ihren Sand fertig wurden. Die Außenseiteruhren wurden erst mal ausgesondert. Vom Rest bekam der erste Spieler die schnellste und die langsamste Uhr, der zweite Spieler die zweitschnellste und die zweitlangsamste Uhr und so weiter. Ist zwar nicht absolut gerecht, aber immerhin genial ausgleichend.
Frage an die eifrigen Seher der Sendung-mit-der-Maus: Wie werden Sanduhren hergestellt und geeicht? Auch ein ganz einfacher Trick: Man läßt in eine halbfertige Sanduhr genau 3 oder 4 Minuten lang Sand hineinrieseln, schüttet den Rest dann weg und schließt die Uhr ab. Fertig! Toll, gell?
Der rieselnde Sand und das parallele Ziehen aller Spieler schafft eine eigenartig-hektische Atmosphäre, obwohl man in den durchschnittlich 15 Sekunden Denkzeit zwischen zwei Zügen durchaus auch mal Gelegenheit zum Beobachten der Konkurrenz hat. Nach insgesamt 30 Minuten Spielzeit ist das Spiel zu Ende. Eine Spiel-CD mit Sphärenklängen im Hintergrund gibt das Schlußsignal. Danach wird abgerechnet und der Sieger ermittelt. Irgendwie hübsch.
WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 6: , Walter: 7.
PS: Aaron schlug noch eine Manager-Variante zu “Space Dealer” vor: Alle 5 Minuten werden die Uhren ausgewechselt und durch doppelt so viele ersetzt, die zudem noch doppelt so schnell laufen.
2. “UR”
Ein kompliziertes Entwicklungsspiel aus Italien, zeitlich angesiedelt in der Vor-Antike. Nach komplizierten vorgegebenen Mechanismen breiten sich die Spieler über das Spielfeld aus, nehmen dabei die einzelnen Spielfelder in Besitz und bauen darauf schließlich auch noch Zikkurate. (Bildungsbürger und die es werden wollen klärt Wikipedia auf: “Ein Zikkurat besteht üblicherweise aus mehreren aufeinanderliegenden, abgestuften Plattformen mit quadratischer oder rechteckiger Grundfläche, die den Terrassenturm bilden.”)
Wir hatten eine Menge Schwierigkeiten mit der Regelauslegung und nahmen alle drei Sprachen des Regelheftes zu Hilfe, um hinter manche Regelgeheimnisse zu kommen. Beispiel: Was ist denn ein “different pair”? Reicht es, wenn da ein Partner “different” ist oder müssen es alle beide sein? Anderes Beispiel: Wer in seiner Landwirtschaft agiert, verliert Pöppel von allen Feldern, “die nicht rechtwinklig angrenzen”. Sind damit alle Felder gemeint, die angrenzen, aber nicht rechtwinklig angrenzen, oder alle Felder, die weder angrenzen noch rechtwinklig angrenzen? Auch die andern beiden Sprachen brachten keine Klarheit: “non adiacenti ortogonalmente” klingt zwar wunderschön, ist aber längst nicht so eindeutig wie das schlichte: “diagonal angrenzend”, das in keiner Regelsprache verwendet wurde.
Nach eine halben Stunde Spielzeit hatte Aaron immer noch keinen Peil, Güther wußte nicht, was er tun sollte und Walter hatte sich hoffnungslos in seiner Pöppelvermehrung verloren. Vielleicht braucht man in “UR” doch mehrere Anläufe, um zu erkennen, wo es langgeht. Wir werden es wahrscheinlich nicht ergründen. Das Problem dabei ist, daß einerseits die menschliche Lebenszeit so kurz ist und andererseits es auf der Welt noch so viele ungespielte Spiele gibt.
WPG-Wertung: Aaron: 4, Günther: 4: , Walter: 5.
3. “Bluff”
Walter experimentierte mit einem neuen Kind seiner Bluff-Analyse, der “Immer-1″” Strategie, doch es reichte für ihn keinmal bis ins Endspiel, wo diese Strategie erst richtig zum Tragen kommen soll. Offensichtlich sind die hohen Vorgaben erfolgreicher. Vor allem natürlich, wenn sie auch mit hohen Würfen begleitet sind.
Auf jeden Fall gilt die Erkenntnis: “Lieber hohe Würfe und die Immer-5-Strategie als niedrige Würfe und die Immer-1-Strategie.”
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.